Feuchteschutz und Bauwerksabdichtung in der Praxis
Eine der größten Herausforderungen im Baubereich ist ein fachgerechter, dauerhafter Feuchteschutz von Gebäuden. Gleichzeitig sind Schäden durch Feuchtigkeit eine der häufigsten Ursachen für Reklamationen seitens der Bauherren und können teilweise zu hohen Regressforderungen führen. Daher ist es umso wichtiger, sich ausführlich über den Feuchteschutz zu informieren. Hier ein erster Überblick über die Thematik.
Es gilt zu unterscheiden zwischen den Arten und Ursachen des Feuchtigkeitseintritts, den möglichen Schäden und der Prävention. Zu letzterer gehören auch die korrekten Lüftungskonzepte. Des Weiteren sind die Ziele des Feuchteschutzes und konkrete Konzepte zur normgerechten Bauwerksabdichtung wichtig.
Verschiedene Arten des Feuchtigkeitseintritts und ihre Gegenmaßnahmen
Grundsätzlich unterscheidet man zwei mögliche Szenarien: den vertikalen und den horizontalen Feuchteeintritt. Je nach Höhenniveau (erdberührt oder Oberkante Terrain (OKT)) gibt es verschiedene Konzepte und Materialien zur Bauwerksabdichtung. Im erdberührten Bereich findet ein Feuchtigkeitseintritt horizontal durch kapillare Wirkung der Baustoffe statt. Diese versucht man durch horizontale Sperrschichten wie synthetische Dämmschichten und Trennlagen zu unterbinden. Auch die Bodenplatte selbst aus Ortbeton dient als Horizontalsperre. Unter dem Fundament wird eine kapillarbrechende Kiesschicht (auch Rollschicht) eingebracht.
Im erdberührten Wandbereich (Keller) besteht ebenfalls die Gefahr von Feuchteeintritt, insbesondere bei drückendem Grundwasser. Die Abdichtung erfolgt entweder mit flüssigen Bitumen-Dickbeschichtungen, bahnen- oder plattenförmigen Abdichtungsstoffen. Oft werden diese nicht sorgfältig ausgeführt, da die Baugrube schnell verfüllt wird und »es niemand mehr sieht«. Rissbildung und Fugen sind die Folge, durch die später das Wasser eindringt. Daher muss der fachgerechten Abdichtung erdberührter Bauteile nach DIN 18533 und der sofortigen Kontrolle besondere Bedeutung beigemessen werden. Schäden durch Feuchtigkeit sind im Nachhinein sehr aufwändig in der Sanierung und von der Innenseite problematisch zu bekämpfen.
Oberhalb des Sockels ist, bei fachgerechter Gründung mit Sperrschichten, aufsteigende Feuchte kaum zu befürchten. Lediglich im Dachbereich muss, genau wie an der Kellersohle, ein Eindringen von Wasser durch Niederschlagwasser und Schnee verhindert werden. Das gilt umso mehr für Flachdächer, die bei mangelhafter Ausführung der Sperrschichten gefährdet für Wassereintritt sind. Belüftete, zweischalige Kaltdächer sind aufgrund ihrer hohen Schadensanfälligkeit heutzutage nicht mehr gebräuchlich und wurden praktisch völlig vom einschaligen Warmdach ersetzt. Bei Steildächern haben sich mittlerweile diffusionsoffene Abdichtungen durchgesetzt, da die Gefahr von Bauschäden durch Wasserdampf unter diffusionsdichten Abdichtungen wegen fehlender Lüftung sehr hoch ist.
Die Hausfassaden als vertikale Bauteile oberhalb des Geländes müssen ebenfalls vor Feuchtigkeitseintritt geschützt werden. Sie sind der direkten Witterung ausgesetzt und müssen Schlagregen, Frost und direkter Sonneneinstrahlung sowie Hitze im Sommer widerstehen. Durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der Wandmaterialien ist hier die Gefahr der Rissbildung sehr hoch. Zusätzlich besteht das Risiko von Tauwasser innerhalb der Außenwand, wenn der Taupunkt falsch berechnet oder die Dämmung falsch eingebaut wurde. Das beste Abdichtungskonzept ist zweifelsohne eine resistente, fugenlose Oberfassade. Diese Funktion kann zum Beispiel ein hochwertiger Oberputz oder idealerweise eine Silikatfarbe übernehmen. Eine weitere Möglichkeit sind Fassadensysteme aus Holz, Metall oder Keramik.
Bauschäden durch Feuchtigkeit
Je nach Bauteil kann die Feuchtigkeit verschiedene Schadensbilder und Auswirkungen haben. Meistens wird sie jedoch generell mit Schimmelbildung und Stockflecken einhergehen. Leider sind diese Symptome noch die harmlosesten Folgen eines Wassereintritts. Zu den gravierenden Konsequenzen gehören material- und bauteilzerstörende Schäden bis hin zum Versagen der Statik. Dies kann bis zum Einsturz eines Gebäudes führen, wenn die anfänglichen Symptome sehr lange Zeit ignoriert werden.
Im Holzbau gehören Pilze und der echte Hausschwamm zu den schwersten Schadensbildern, letzterer ist anzeigepflichtig. Im Massivbau können durch Feuchtigkeit aufsteigende Salze das Mauerwerk und seine Tragfähigkeit zerstören. Bei allen Gebäudetypen ist außerdem die Statik des Dachstuhls bei dauerhafter Feuchtigkeitseinwirkung gefährdet. Daher sollte auf eine korrekte Bauwerksabdichtung geachtet und bei einer Baubegehung die ersten Anzeichen von Feuchtigkeit ernst genommen werden. Eine gründliche Ursachenanalyse und die Messung der Baufeuchte können im frühen Stadium Schlimmeres verhindern. Es gilt zu berücksichtigen, dass auch die Neubaufeuchte bei unzureichender Trockenzeit durchaus deutliche Schäden verursachen kann.
Feuchteschutz in der Altbausanierung
Planer oder Architekten werden relativ häufig mit Feuchtigkeitsschäden im Altbaubereich konfrontiert. Diese resultieren aus konstruktiven Fehlern bei der Bauherstellung bzw. durch spätere Fehler. Diese können sowohl in laienhaften Modernisierungsmaßnahmen als auch in falscher Nutzung durch die Bewohner bestehen. Sehr oft ließen sich Schadensbilder wie Schimmel oder tierische Schädlinge bereits ganz einfach durch konsequentes richtiges Lüften vermeiden. Dazu unten mehr.
Dennoch sind es oft baukonstruktive Mängel, die letztlich die bekannten Schäden verursachen. Meistens fehlt in Altbauten eine ausreichende Horizontalsperre. Durch die heutige moderne Nutzung mit dichten Fußbodenbelägen, Zentralheizung und Isolierfenstern steigt die Feuchtigkeit kapillar auf, kann nicht mehr entweichen und führt zu den typischen Schäden im Keller- und Sockelbereich bis zu etwa zwei Metern über OKT. Eine nachträgliche Horizontalsperre ist immer kostenintensiv, es kommen Verfahren wie das Mauersägeverfahren (Einbringen von Edelstahlblechen), das Bohrkernverfahren (Verfüllung mit dichtem Mörtel) oder das chemische Injektionsverfahren in Frage. Letzteres hat den kleinsten baulichen Aufwand und zeigt gute Wirkung, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass das Mauerwerk noch nicht mit Wasser gesättigt ist (Baustofffeuchte ab 95%), wie es oft bei historischem Mauerwerk der Fall ist.
Aber auch mangelhafte Vertikalsperren sind im Sanierungsbereich ein altbekanntes, häufiges Problem. Im Kellerbereich ist eine neue, fachgerechte Abdichtung von außen am wirkungsvollsten. Wenn ein Aufschachten nicht möglich ist, wird meist zur Innenabdichtung geraten. Hier versprechen Baufirmen und die Werbung der Produkt-Hersteller sehr viel. Aber aufgepasst. Der geringere Arbeits- und Kostenaufwand wird hier mit einem kurzlebigen Ergebnis erkauft. Die Feuchtigkeit wird quasi nur versteckt, die Wand bleibt weiterhin feucht. Früher oder später versagen die Dichtschlämmen und Sperrputze und platzen ab. Außerdem sorgt die Innendichtung für eine trügerische Sicherheit beim Eigentümer, während die Zerstörung der Mauerwerkssubstanz durch Feuchtigkeit fortschreitet. Von einer isolierten Innensanierung ohne flankierende Maßnahmen wie zusätzlicher Horizontalsperren wird daher abgeraten.
Die DIN 18195 ist seit ihrer Überarbeitung im Jahre 2017 eine Begriffsnorm und beschreibt die fachgerechte Ausführung von Bauwerksabdichtungen. Sie gibt Architekten und Planern Sicherheit bei der Überwachung der Isolierungsmaßnahmen.
Feuchteschutz: Ziele, Prävention und Lüftungskonzepte
Sowohl bei Neubauten als auch im Sanierungsbereich muss es das Ziel sein, das Gebäude dauerhaft vor Feuchtigkeitseintritt, Tauwasser und Wasserdampf zu schützen. Diese verursachen sehr viele bekannte Schäden im Baubereich. Deshalb steht am Anfang eine normgerechte, intelligente Baukonstruktion. Das Vermeiden von fallenden Fugen, zu kleinen Dachüberständen und verwinkelten Dachformen und Grundrissen sind die Basis bereits in der Planungsphase. Später sollte während der Bauphase höchstes Augenmerk auf eine sorgfältige, normgerechte Ausführung gelegt werden. Bauabnahmen und eine lückenlose fotografische Dokumentation geben Planern und Bauherren Sicherheit.
In diesem Sinne ist die Prävention durch eine vorausschauende Konzeption des Gebäudes schon in der frühesten Entwurfsphase ausschlaggebend für ein späteres schadensfreies Funktionieren während der gesamten Lebenszeit. Nicht alle Schäden lassen sich für immer vermeiden, aber sehr wohl hat die Einhaltung konstruktiver Grundlagen und eine sorgfältige Auswahl der Materialien einen großen Einfluss auf die Haltbarkeit eines Hauses.
Genauso wichtig sind allerdings danach die regelmäßige Instandhaltung und die korrekte Nutzung des Gebäudes. Leider führen viele Hausbesitzer oder Mieter statt des wirkungsvollen, kurzen Stoßlüftens eine lange Lüftung über schlitzweit geöffnete Fenster durch. Diese schadet mehr, als dass sie nützt. Überschüssige Baufeuchte wird nicht abgeführt, aber kalte Außenluft schlägt sich in den Raumecken nieder und kondensiert. Das führt zu Schimmelschäden und Tauwasserbildung an Fenstern. Daher sollte eine turnusmäßige Objektüberwachung nach Leistungsphase 9 der HOAI vereinbart werden, um beginnende Schäden frühzeitig zu erkennen.